Pyrenäen und Costa Brava – Pferde, Burgen und Denkmäler

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In Mollo trafen sich Händler und Tierliebhaber
Der jährliche Pferdeabtrieb in Espinavell ist ein Ereignis für die gesamte Region
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Espinavell

Der erste Eindruck beim Schritt vor die Tür ist atemberaubend. Am Horizont der Costa Brava geht langsam die Sonne auf. Im Hintergrund ragen malerisch die Pyrenäen in den Himmel. Herbst liegt in der Luft. Der Geruch von Feuerholz kriecht in die Nase.

Frühzeitig starten wir von Torroella de Fluvià in Richtung Espinavell, um dort den alljährlichen Pferdeabtrieb aus den Bergen zu erleben. Der Weg führt uns durch beeindruckende Berglandschaften und kleine Dörfer bis hoch in die Pyrenäen. Vorbei an Besalú und Olot legen wir einen kleinen Zwischenstopp in Camprodon ein. Hier versorgen wir uns mit etwas Wegzehrung: Knuspriges Brot aus dem Steinofen und leckerer Bergkäse der Region kommen in den Rucksack. Traditionell katalanische Coca mit einer Zuckerhaube versüßt uns den restlichen Weg. Weiter über Molló erreichen wir so langsam Espinavell. Die Berghänge sind gesäumt von rotgefärbten Weinreben. Gelb und Orange belaubte Bäume zieren die Serpentinen. Nur einige Flecken sind noch grün. Der Herbst klopft bereits an.

Tria de Mulats – der traditionelle Pferdeabtrieb

Pferde beim Abtrieb in Mollò
Pferde bahnen sich den Weg von den Bergen runter ins Tal

Vor uns liegt nun die Gemeinde Mollò, die als zentraler Treffpunkt für all diejenigen dient, die nicht mit ihrem eigenen Fahrzeug den knapp 3 km steilen Anstieg nach Espinavell wagen und den bequemeren Transfer mit einem Bus bevorzugen. Wir folgen den doch zahlreichen Mutigen auf eigene Faust hoch zum Parkplatz und geraten augenblicklich an unsere Grenzen. Schlamm bedeckt den Boden und bereitet uns Schwierigkeiten den Parkplatz auf der feuchten Wiese zu erreichen. Nach einigen Anläufen und mit ausreichend Schwung schaffen wir es letztendlich. Kaum aus dem Auto gestiegen, strömen bereits Menschenmengen an uns vorbei Richtung Festplatz. Viele Einheimische haben sich für diesen Tag in schicke Roben geworfen.

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Jedes Jahr am Tag des St. Edward – dem 13. Oktober – treffen sich Händler und Tierliebhaber aus der Region, um den traditionellen Pferdeabtrieb in Espinavell zu erleben. An diesem Tag ist der winzige Pyrenäenort im Ausnahmezustand. Es ist jedes Jahr ein kleines Volksfest – Familien, Schulklassen und auch immer mehr Touristen wollen sich das Ereignis keines falls entgehen lassen. Nach Monaten auf den Weiden hoch oben in den Pyrenäen werden Pferde und Fohlen vor dem kalten Winter hinab ins Tal getrieben und an ihre Eigentümer oder Käufer übergeben. Die Ankunft der Pferde im Tal erfolgt unter tosendem Applaus der versammelten Zuschauermenge. Mit geballter Kraft stürmen die Herden den Hang hinab bis zum Bach. Dort wird kurz verweilt und die Chance der kühlen Erfrischung dankbar genutzt. Später auf dem zentralen Platz der Veranstaltung kommen dann die Händler und Kaufinteressenten miteinander ins Gespräch.

Artesania – buntes Markttreiben

Diverse Olivensorten
Frische Oliven sind eine köstliche Ergänzung zu den frischen Broten

Wir schlendern entlang der vielen Marktstände. Von traditionellen Produkten der Viehzucht bis hin zu süßen und herzhaften Köstlichkeiten aus eigener Herstellung und allerlei Kunsthandwerk ist für nahezu jeden etwas dabei. Auch ein kurzer Abstecher hinauf ins Zentrum des kleinen romantischen Bergdorfes Espinavell lohnt sich. Von dort oben hat man einen fantastischen Rundblick auf Bergwelt und Markttreiben. Ein wärmender Cortado im Dorfcafé belebt das Gemüt.

Blick vom Ortskern Espinavell
Pferde grasen vor dem Festplatz

Am späten Vormittag werden die schönsten Pferde von einer Fachjury prämiert. Den Winter verbringen die Tiere dann auf ihren jeweiligen Zuchtgütern und den Weiden im Tal. Das freie wilde Leben auf saftigen Bergwiesen mit leckeren Wildkräutern ist vorerst vorbei. Wenn der letzte Schnee getaut und die Frühjahrssonne im nächsten Jahr die ersten Blüten lockt, denn kehren auch die Herden zurück in die Hochebenen der Pyrenäen.

Das Fest zieht sich noch bis in den Abend. Viele nutzen die kulinarische Chance ein leckeres Mittagsmenü im Landgasthof von Espinavell zu genießenWir aber fahren weiter in Richtung französische Grenze.

Französische Impressionen

Frankreich ist nur eine knappe halbe Stunde Autofahrt entfernt und wir nutzen den Nachmittag für einen Besuch im Nachbarland. Auch hier locken malerische Landschaften und reizvolle kleine Orte mit typisch französischem Charme. Von Céret über Le Boulou führt uns der Weg zurück ans Meer bis nach Collioure. Der kleine farbenfrohen Künstlerort ist auch Mitte Oktober noch gut besucht. Seit im Jahr 1904 Henri Matisse mit seinem Künstlerkollegen André Derain das verschlafene Fischerdorf entdeckte, gilt der einstige Fischerort als ein Mekka der Künste. Rote Ziegeldächer, verschnörkelte Balkongitter, blaue Fensterläden, pastellfarbene Hausfassaden, verwinkelte Gassen, steile Treppen, alte Burganlagen und die Boote im Hafen bilden noch heute die malerische Kulisse schöner Urlaubserinnerungen.  Kein Wunder das einst auch die Könige von Mallorca hier ihre Burg – heute Museum – als Sommerresidenz errichteten. Wir bummeln durch den kleinen Ortskern, stöbern in kleinen Boutiquen und Feinkostläden und genießen bei einem Cappuccino den Blick auf den Hafen ehe wir uns wieder auf die Küstenstraße in Richtung spanische Grenze begeben.

Zweigeteilte Bucht von Collioure
Die ehemalige Königsburg am Hafen von Collioure

Weinreben prägen nun das umliegende Landschaftsbild. Wir sind mitten im Roussillon und fahren durch das Anbaugebiet von Banyuls. Ein Wein von Banyuls kann durchaus an einen guten Portwein erinnern, gekennzeichnet durch intensiven Duft nach Honig, getrockneten Früchten und Vanille.

Grenzenlos

Weiter entlang der Küste geht es nun zurück in Richtung Spanien. Keine Schranke, kein Zaun, kein Grenzposten markiert heute noch die Grenze zwischen Frankreich und Spanien. Zahllose Flüchtlinge brachten sich einst über die Pyrenäen in Sicherheit. Auch daran mahnt das Walter-Benjamin-Memorial „Passagen“.

Walter Benjamin Denkmal in Portbou
Walter Benjamin Memorial „Passagen“ in Portbou

Dieses wurde im Jahr 1994 in Gedenken an den Philosophen Walter Benjamin von dem israelischen Künstler Dani Karavan gestaltet. „Das Vorübergehende, kurz Andauernde“ steht in beeindruckender Weise für die Flucht Benjamins vor der Gestapo, die hier tragisch endete. Das Zitat Benjamins auf der Glasplatte am Ende des Tunnels hoch über dem Meer ist aktueller denn jej: „Schwerer ist es, das Gedächtnis der Namenlosen zu ehren als das der Berühmten. Dem Gedächtnis der Namenlosen ist die historische Konstruktion geweiht.“

 

Gedankenvoll fahren wir weiter in Richtung Figueres. Der Kontrast von Berglandschaft und rauer Küste hat uns im Bann. Flora und Fauna zeigen sich im Licht der Abendsonne in voller Schönheit. Der Winter scheint noch in weiter Ferne. Doch die ersten Zugvögel sind bereits am Mittelmeer gelandet. Die letzten Touristen verlassen schon bald die Strände der Costa Brava und dann beginnt für die Region der Winterschlaf. Die zahlreichen Eindrücke des heutigen Tages werden uns noch lange begleiten…

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