Ruta Romànica – Besalú

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das mittelalterliche Besalú im Hinterland der Costa Brava
In Besalú beginnt die Rute zu den romanischen Kirchen im Umland
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Romanische Kirchen, verschlafene Dörfer, grüne Landschaften

Kirche nahe Besalú zu Füßen der Pyrenäen - Ruta Romànica
Eine der kleinen romanischen Kirchen bei Besalú – Ruta Romànica

Dank der vielen neuen und gut ausgebauten Straßen gelangt man heute ruckzuck in das verträumte Hinterland der Costa Brava. Von der Küste aus brauchen wir eine halbe Stunde bis zum Golfplatz TorreMirona und sind weitere 15 Minuten später in Besalú, einem kleinen Städtchen aus dem katalanischen Mittelalter.

Hier beginnt die Ruta Romànica. Die Fahrt dahin führt uns durch eine grüne Hügel- und Berglandschaft. Links und rechts der Straße tauchen zwischen Wiesen und Wäldern immer wieder sanierte riesige Steinhäuser und kleine Kapellen auf.

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Hotel in Besalú
Ein alter Palast ist heute zum Hotel umgestaltet

Ehrwürdige Steinpaläste

Voraus sieht man die hohen Bergspitzen der Pyrenäen. Links – kurz vor dem Ortseingangsschild Besalú – beeindruckt alte monumentale Industriearchitektur. Hier – weitab der Großstädte – bröckelt noch vor sich hin, was anderen Orts bereits zu schicken Lofts oder Szenetreffpunkten umgestaltet wäre. Wir parken vor der Stadt. Schon neben dem Parkplatz begrüßt uns ein ehrwürdiger Palast. Das Tor zum Garten ist nur angelehnt, und wir nutzen die Chance für ein Foto. Die Apfelsinenernte der Hausherren ist üppig neben den majestätischen Arkaden der Villa in einem alten Steintrog aufgetürmt. Jemand putzt die großen Rundbogenfenster und schaut neugierig zu uns herüber. Es herrscht die samstägliche Ruhe nach der Saison. Neugierig möchten wir das Gebäude von innen kennen lernen. „Els Jardin de la Martana“ entpuppt sich als ein sanft restauriertes und geschmackvoll eingerichtetes Hotel mit 10 Zimmern, dass einlädt zu einer romantischen Flucht aus dem Alltag in eine andere Zeit der Stille, gepaart mit dem Komfort von heute.

Pont Fortificat - die romanische Brücke von Besalú
Pont Fortificat – das Wahrzeichen von Besalú

Pont Fortificat – romanische Brücke aus dem 11. Jahrhundert

Von hier blickt man direkt auf den Fluvià, die Stadtsilhouette und das Wahrzeichen Besalús – den Pont Fortificat, die romanische Brücke aus dem 11. Jahrhundert mit ihren beiden mächtigen Wehrtürmen und dem markanten Knick in der Mitte. Wir freuen uns über unsere Entdeckung und begeben uns neugierig weiter. Auf der Brücke rauscht tief unter uns der Fluss. Einige Forellen tummeln sich im Wasser. Am Ufer übt sich ein Vater zur Freude seines Dreikäsehochs im Steine schnippen. Im Mittelalter wurde von Reisenden vor der Brücke Wegezoll  verlangt. Heute gelangen wir unbehelligt in die Stadt. Wir tauchen ein in das Gewirr enger Gassen.

historische Gebäude
Enge Gassen führen durch die kleine mittelalterliche Stadt Besalú

Im Viertel El Call finden sich noch heute Spuren der bis Ende des 15. Jahrhunderts hier lebenden jüdischen Gemeinde: Das ursprünglich einer Synagoge angeschlossene Ritualbad (Mikwah) ist das einzige noch erhaltene in Spanien.

Filmkulisse
Kulisse für viele Filme – die Brücke von Besalú über den Fluvià

Wie vor 100 Jahren

Im Zentrum Besalús liegt die Kirche von Sant Pere. Zähne fletschende Löwen neben einem Rundbogenfenster schmücken die sonst schlicht gestaltete Westfassade. Der Kirche eines zerstörten Benediktinerklosters aus dem 11. Jh. gegenüber. In der Casa Cornellà, sind heute die Tore geöffnet. Im Innenhof und auf der Galerie stellen die Schmiede- und Metallwerkstätten der Region ihre Kunst- und Schmiedearbeiten aus. Uns begeistert eine antik aufgearbeitete alte Holztür mit schmiedeeisernen Beschlägen und ein handgeschmiedetes verschnörkeltes Bettgestell. Da das Haus aus dem 12. Jahrhundert sich in Privatbesitz befindet, ist es uns leider nicht gestattet, viele Fotos zu schießen. Der Hausherr erlaubt uns noch ein letztes vom Innenhof und dann ziehen wir weiter. Nebenan lädt eine kleine uralte Kapelle mit Butzenscheibenfenstern Gäste zum Essen. Hier scheint ein Restaurant installiert. Neugierig schauen wir hinein und stehen sogleich in Mitten der Tischrunde. Leider ist die Mittagszeit schon vorüber und alle sitzen beim Café. So bleibt uns diese originelle Adresse für unseren nächsten Besuch im Gedächtnis. In den Gassen findet man kleine Kramläden, Gemüse- und Obstauslagen und einen Lebensmittelladen wie aus einem anderen Jahrhundert.

Buntes Markttreiben in Besalú
Die Produkte der Region gibt es auf dem Wochenmarkt

Natürlich gibt es jede Menge Straßencafés, kleine Restaurants und etliche Hotels, historische Fassaden, schmuckvolle Torbögen, kunstvolle Fenstereinfassungen und Baustellen, die Kirche Sant Vincenç, die Stiftskirche Santa Maria, die Kirche St. Martí, Archäologische Fundstätten und eine Stadtführung per Kitschzug mit Fremdenführer, auf die wir unbedingt verzichten.

Besalú wurde 1966 zum historischen Nationalgut („conjunto histórico artistico“) erklärt. Jedes Jahr am ersten Wochenende im September tauchen Bewohner und Gäste mit großem Spektakel ab ins Mittelalter. Mit Kostümen und Inszenierungen wird lebendig, was Vergangenheit heißt.

Besalu gehört zu der „Garrotxa“ und liegt am Rand der Zona Volcànica de la Garrotxa. Dieses Naturschutzgebiet mit annähernd 30 bis zu 160 m hohen Basaltkegeln, über 20 Lavafeldern, Maaren und Explosionskratern ist eine eindrucksvolle Vulkanlandschaft, die zu weiteren Ausflügen und Wanderungen einlädt.

Kleine Cafés locken zur Siesta
Bevor wir ins Umland fahren noch schnell einen Kaffe auf dem Marktplatz trinken

Ausflug zur Ruta Romànica

Zurück am Parkplatz verführt uns eine große Werbetafel zu einem Ausflug ins Umland mit der Ruta Romànica. Da wir alte Steine, Kirchen und Schlösser lieben, folgen wir der Ausschilderung „Beuda“ und biegen kurz hinter Besalú (zurück in Richtung Figueres) links von der Hauptstraße ab. Hier beginnt die „ Ruta Romànica “, und schon nach kurzer Zeit taucht die erste kleine Kirche auf einer Bergwiese auf: Sant Pere de Lligordà ist eine Romanische Kirche aus dem XII. Jahrhundert.

Romanische Kirchen auf der Rundfahrt bei Besalú
Auf der Ruta Romànica

Das Haus neben der Kirche – die Rectoria (das Pfarrhaus) ist neu saniert und bewohnt. Neben dem Gemüsegarten spielen Kinder. Von hier aus hat man einen schönen Blick ins Tal und auf die gegenüberliegenden Berghänge mit einzelnen großen Masias. Von hier aus beginnen beschilderte Wanderwege zu den weiteren Kirchen. Unser Schuhwerk ist falsch, die Zeit schon weit fortgeschritten und die Kameraausrüstung drückt schwer auf der Schulter. Wir fahren zum nächsten Ziel. Ein schmales Sträßchen nach links den Berg hinauf und landen vor der Kirche Santa Maria de Palera – einem schlichten romanischen Kirchen-Bauwerk, das ebenfalls aus dem XII. Jahrhundert stammt. Der Ort scheint verwunschen. Der parkähnliche, verwilderte Kirchgarten lädt ein zum Picknick. Zypressen wiegen sich im Wind, alte Olivenbäume stehen zwischen weinbewachsenen Mauern, terrassenstufig verliert sich die Rosmarin bewachsene Wiese im Dickicht der Natur. Irgendwann war im Haus nebenan eine Wirtschaft. Ein rostiges Schild erzählt davon. Vögel zwitschern im Geäst. Wir finden eine Lücke im Mauerwerk, um den Pfarrgarten und entdecken ein verfallendes schönes Haus im Dornröschenschlaf. Mit Geld, Geduld und viel Arbeit ließe es sich zu neuem Leben erwecken. Momentan ist es Partyhütte der Dorfjugend. Die Kirche ist verschlossen, und wir fahren zurück, weiter in Richtung Beuda.

Romanik in Katalonien
Auf der Ruta Romànica in der Garrotxa
Unter Gottes Schutz
Die kleine Dorfkirche am Ortsrand

Sant Feliu de Beuda

Vor dem kleinen Ort Sant Feliu de Beuda mit Romanischer Kirche aus dem XI. Jahrhundert thront inmitten von grünen Wiesen das kleine trutzige Schloss „Castell nou“ in Beuda. Wir beneiden kurz den Schlossherrn um seine Immobilie, bewundern Lage, Aussicht und Ambiente und fahren weiter zum Dorf. Hier herrscht rege Betriebsamkeit. Das Dorfrestaurant ist restlos überfüllt mit Wochenendausflüglern und Quadfahrern. Es scheint gut und preiswert. Wir verzichten und umrunden die Kirche und die drei Häuser des Dorfes. Das Ajuntament scheint überdimensional groß. Später erfahren wir, dass sich die Gemeinde von den südlichen Berghängen bis hin zum Fluvià-Tal erstreckt und aus landestypischen katalanischen Bauernhöfen besteht.

Die herrliche Umgebung lässt uns auf der Rückfahrt erneut in Verzückung geraten. Vollkommen scheint hier die natürliche Harmonie von Landschaft, Flora und Fauna, gekrönt von stolzer, religiös-mittelalterlicher Architektur.

Alte Gutshäuser zu chicken Landsitzen umgewandelt
Masia bei Besalú

Masias – die katalanischen Gutshäuser

In dieser Region befinden sich auch wunderschöne Gutshäuser – Masias – aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Sehr beeindruckend sind so die Bauernhöfe von Falgars, die soliden Häuser von La Masó, Can Maholà, Mas Salvanera, Can Oliveres… Zu Fuß, per Mountainbike oder Jeep lässt sich in dieser Region sicher noch einiges entdecken.

Für heute haben wir genug gesehen und fahren mit einem Kopf voller Bilder und Texte zurück nach Hause.

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